Sie sind gestresst vom inneren Weihnachtswichtel, der mit einer To-do-Liste wedelt? Kommen Sie mal mit. Wir verraten, wie Sie jetzt eine gute Flucht hinlegen. Außerdem haben wir Geschenketipps für Reisebegeisterte.
Ich kann gut verstehen, wenn Sie mich jetzt schief anschauen: Bei allem, was man bis Weihnachten sowieso noch auf dem Zettel hat, sich auch noch einen Tag freischaufeln und einen Ausflug planen? Ich weiß, es klingt einigermaßen – wie sagt man so schön – kontraintuitiv, aber ich kann es wirklich empfehlen: Der inneren Weihnachtswichtelarmee, die einem To-do-Listen-wedelnd dicht auf den Fersen ist, kurz davonzulaufen. Sich ein paar Stunden treiben lassen, bevor Traditionen den Takt der Tage vorgeben. Ich finde, es ist eines der besten Geschenke, das man sich selbst in der Vorweihnachtszeit machen kann.
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Ein Tag genügt. Und es muss wirklich nicht weit sein. Schauen Sie auf die Karte, suchen Sie sich eine nette Stadt in der Nähe, vielleicht kommt ja noch jemand mit, den oder die Sie gern haben. Sightseeing-Stress gilt es zu vermeiden, daher sollte das Ziel der kleinen Flucht überschaubar groß und zum Drauflos-Bummeln geeignet sein. Atmosphärisch sind ein paar alte Gemäuer und Gassen von Vorteil. Außerdem lohnt sich der Blick aufs Urlaubskonto. Vielleicht liegen da noch ein Tag oder ein paar Überstunden herum, die einen Ausflug am Wochentag möglich machen. So geraten Sie nicht in das große Wochenendgeschiebe.
Ich selbst bin im Dezember begeisterte Lübeck-Besucherin. Nach der Ankunft am Bahnhof steuere ich als Erstes den Kunsthandwerkermarkt im Heiligen-Geist-Hospital am Koberg an. Nicht nur die Stimmung im mittelalterlichen Gewölbekeller und in der Langhalle mit ihren Kabäuschen ist besonders, sondern auch die ramschfreien Stände der Kreativen.
Ich versuche, pünktlich zur Öffnung am Vormittag da zu sein und verlasse den Markt – Achtung, er hat nur noch bis einschließlich Sonntag geöffnet – nie, ohne am Waffelstand die beste Waffel des Jahres zu essen. Im Anschluss lasse ich mich über die Altstadtinsel treiben, kehre hier oder da ein und steige irgendwann glücklich wieder in den Zug zurück nach Hamburg.
Lesen Sie hier: Tipps der Lübecker Locals, wo sie es sich in der Vorweihnachtszeit in Lübeck gemütlich machen
Auch Schwerin kann ich Ihnen sehr für einen Vorweihnachtsausflug ans Herz legen. Vor einigen Wochen hat mir die Kochbuchautorin Lovis Messerschmidt ihre Lieblingsorte und -adressen in ihrer Heimatstadt gezeigt – und verraten, wo sie sich fühlt, als würde sie mitten in eine Pettersson-und-Findus-Geschichte hineinstolpern: »Schwerin ist ein eher unentdecktes Juwel«
Ebenfalls eine stimmungsvolle Weihnachtsstadt liegt ganz im Westen: »Aachen ist die perfekte Stadt für einen Wochenendtrip«
Und weil die Weihnachtszeit auch immer die Zeit des Nachhausekommens ist, möchte ich Ihnen die Geschichte unseres Autors Gerd Blank ans Herz legen. Zusammen mit seiner Frau ist er drei Jahre und 25.000 Kilometer im Camper durch Europa gereist – und hat am Ende in einer Stadt ein neues Zuhause gefunden, die sich übrigens auch bestens für einen Dezember-Besuch eignet. Doch in Gerds Text geht es um etwas anders: Drei Jahre und 25.000 Kilometer später fühlt sich mein Leben anders an.
Unten auf dem Weihnachtsmarkt Gewimmel und Geklingel – oben himmlische Ruhe. Und was für eine Aussicht! Erraten Sie, welchen Weihnachtsmarkt man hier sieht und auf welchen Turm man steigen muss, um so auf die Stadt zu schauen? Die richtige Antwort finden Sie am Ende des Newsletters*.
Nicht aus der Puste, höchstens ins Grübeln kommen Sie in unserem Quiz: Wie gut können Sie Weihnachtsmarkt?
Von Freundinnen und Kollegen werden meine Reise-Kolleginnen und ich oft um Rat oder Tipps gebeten: Wie bekomme ich ein Upgrade am Flug-Check-in? Hast du Tipps für Südamerika? Wie organisiere ich eine Mehrtageswandertour? Auch Ihnen möchten wir hier gern weiterhelfen. Schreiben Sie uns Ihre Reisefrage an: [email protected]. Betreff: »Reisebüro«
Die Frage: Was sind gute Geschenketipps für die Reisenden im Familien- und Freundeskreis?
Unsere Antwort: Was ein gutes Geschenk ist, ist natürlich subjektiv, trotzdem hoffen meine Kolleginnen und ich, Sie mit diesen persönlichen Empfehlungen zwischen 3 und 250 Euro vielleicht auf die ein oder andere Idee zu bringen:
Für Zelt-Fans: Oft reisen wir an Orte, an denen die Sonne scheint. Und die füllt mein liebstes Accessoire für unterwegs (im Laufe des Tages) mit Leben: eine Solarleuchte namens »Littlesun Diamond«. In der Nacht beschert sie uns diamantartige Funkelmuster an Zeltwänden, oder sie gibt uns überraschend helles Licht, wenn wir spät noch Karten spielen oder lesen wollen. Farbtemperatur: 5400 K. Leistung: Fünf Stunden Licht nach fünf Stunden Sonnenschein. Designt wurde sie vom isländischen Künstler Olafur Eliasson. Julia Stanek
Für Wintercamper: Vielleicht geht es Ihnen so wie mir: Herzenswärme allein reicht mir nicht beim Wintercamping. Ich habe meinem Mann deshalb zum zehnten Hochzeitstag eine Feuerschale aus Edelstahl geschenkt, die sich in diverse Einzelteile zerlegen lässt. Klar, sündhaft teuer war sie, aber dafür wird sie uns beide zum Glühen bringen. Denn was gibt es Schöneres, als sich bei Sonnenschein mit einem Klappstuhl in den Schnee zu setzen, in eine Landschaft, die nur zwei Farben kennt: Blau und Weiß? Und dann ein kleines Feuerchen vor dem »Wohnmobil-Monster« anzuzünden und zu spüren, wie die Hitze einem in die kalten, alten Knochen kriecht? Wir haben schon zu Hause Probe gesessen. Die Feuerschale von Relleumdesign ist so standfest wie eine gute Ehe. Und sie passt in Einzelteilen tatsächlich in eine flache Tasche. Kurz: Sie lässt Camperherzen rasen. Sandra Schulz
Für minimalistische Weltenbummler: Ich reise am liebsten mit kleinem (Hand-)Gepäck, besonders auf Flugreisen. Eine super Sache sind da festes Shampoo und feste Spülungen. Aber auch die wollen aufbewahrt werden, und zwar am besten so, dass man sie in der Dusche unterwegs aufhängen kann, wo sie abtropfen und trocknen können. Da sind Seifensäckchen gefragt! Viele Drogerien haben Sisalsäckchen im Angebot, die sich gleichzeitig fürs Peeling eignen. Es gibt aber auch jede Menge individuell gestaltete Seifensäckchen auf Portalen wie Etsy, die eher die Funktion einer Seifendose einnehmen – also vor allem die Seife schützen und den Rest des Gepäcks trocken halten. Dazu kauft man ein festes Shampoo und eine Spülung der bevorzugten Marke der oder des Beschenkten – und zack hat man ein kleines Geschenk. Franziska Bulban
Für Strand-Familien: Zu einem der ersten Weihnachtsfeste zu viert bekamen wir eine Strandmuschel geschenkt, die uns inzwischen seit vielen Jahren in unsere Urlaube begleitet, vor zu viel Sonne schützt und sich für Klein und Groß als gemütliches Siestaplätzchen bewährt hat. »Cadiz 80« wiegt knapp unter 1,7 Kilo, ist zwar nicht im Wurf, aber samt Gestänge fix und unkompliziert aufgebaut und außerdem ein echtes Raumwunder für all den Kram, den wir mit uns schleppen: Handtücher, Klamotten, die Kühlbox, Wasserflaschen, Bücher, das Beachballspiel, wir richten uns ein und freuen uns, dass in unserer »Beachhütte« nicht alles vollsandet. Wie viel Sonnenschirmmiete wir inzwischen gespart haben, habe ich nicht ausgerechnet – amortisiert hat sich unsere Muschel längst. Eva Lehnen
Für Draußen-Menschen: So ein bisschen Luxus kann in meinem Alter nicht schaden, dachte ich mir, als ich mir ein selbst aufblasendes Isokissen zulegte. Knapp vier Zentimeter hoch, etwa 100 Gramm schwer, schnell einsatzbereit, schnell wieder zu verstauen. Feuchte Baumstämme, kalte Steine, eingeschneite Bänke haben keine Chance mehr, mir auch eine mal längere Pause draußen zu verderben, ob beim Wandern oder Zeichnen. Und das Beste: Auch im Kajak sorgt es dafür, dass der Hintern trotz Nässe zumindest warm bleibt – und das Paddeln gemütlicher wird. Inzwischen gibt es auch beheizbare Outdoor-Sitzkissen – aber so weit bin ich dann doch noch nicht! Antje Blinda
Gute Bücher und gutes Essen machen satt und glücklich. An dieser Stelle haben wir zweierlei für Sie:
Für den Kopf: Der Zeichner Christoph Niemann, bekannt für seine humorvollen Karikaturen und abstrakten Illustrationen, hat nun seine Reisebilder im Bildband »Away« (Diogenes; 296 Seiten; 75 Euro) zusammengetragen. Mit wenigen Tuschepinselstrichen bringt er etwa bedrohliche Eisberge, ein buntes Bukarest, Palmen in Rot und Sylter Dünen in Gelbgrün aufs Papier.
Niemann spielt mit der Fähigkeit der Menschen, Angedeutetes verstehen und Negativräume interpretieren zu können: »Abstraktion heißt eigentlich nur: Wie weit kann ich dieses Spielchen treiben?«, sagte er meiner Kollegin Antje Blinda. »Am Schönsten ist, wenn der Betrachter das Gefühl hat, das Bild eigentlich erst durch sein Verständnis zum Leben erweckt zu haben.« Warum er oft beim Zeichnen mit Tusche schlechte Laune hat, warum Hotelteppiche durch ihn gefährdet sind und was seine Unterwegsbilder von seinen sonstigen Arbeiten unterscheidet, lesen Sie in der kommenden Woche auf SPIEGEL.de.
Für den Bauch: Ich freue mich auf die Weihnachtsküche und den festlich eingedeckten Tisch. Doch irgendwann zwischen den Jahren kommt der Moment, in dem mich ein Stück Pizza auf der Hand satt und glücklich macht. Seit Jahren backe ich nach dem Rezept, das meine Freundin einst dem italienischen Pizzameister Gabriel Bonci entlockte. Es gibt keinen vernünftigen Grund, ein anderes ausprobieren – dachte ich, bis ich die Zubereitungsmethode des Jazztrompeters und Romkenners Till Brönner neugierig machte.
Er hat herausgefunden, wie er die dünne und knusprige Pizza, deren Geschmack er seit seinen Kindheitsjahren in der Ewigen Stadt nie vergessen hat, am besten zu Hause nachbacken kann. Spoiler: Sie kommt erst in die Pfanne und dann in den Ofen! Im Interview finden Sie Brönners Rezept und kommen zu weiteren römischen Freuden.
Mehr noch als die beeindruckenden Ruinen oder weiten Strände behält man oft im Kopf, was auf dem Weg gründlich danebenging. Welche »Das darf doch wohl nicht wahr sein«-Situation hatten Sie unterwegs zu meistern? Schreiben Sie uns an: [email protected]. Betreff: »Reisepannen«. Einige Ihrer Antworten würden wir nach Rücksprache gern veröffentlichen.
»Es ist ein heißer Frühlingstag im Jahr 2000, jedoch nicht so höllisch wie jene 57 Grad Celsius, die hier 1913 gemessen wurden. Unser hellblauer Mercury Grand Marquis schnurrt durch die gleißende kalifornische Wüstenlandschaft. Wir sitzen auf den dunkelblauen Samtpolstern und bewundern die Weite, die Einsamkeit durch unsere Sonnenbrillen. Der tiefste Punkt des Death Valley liegt 89 Meter unter dem Meeresspiegel. Auf einer schnurgeraden Straße steuern wir auf die imposante Bergkette zu, hinter der unser Ziel liegt: Las Vegas.
Am Straßenrand warnen Schilder in Großbuchstaben: AVOID OVERHEATING. TURN OFF A/C NEXT 10 MILES
Der lange Anstieg sollte für unseren V-8-Motor kein Problem sein. Trotzdem schalten wir vorsichtshalber die Klimaanlage aus. Mit jedem Höhenmeter steigt die Motortemperatur und unsere Anspannung. Als wir endlich eine Haltebucht erreichen, qualmt der Wagen. Wir öffnen die Motorhaube. Ein Zischen, ein Pfiff, ein Knall – und das Kühlwasser verdampft auf dem heißen Asphalt. Zurück bleibt ein riesiger Fleck. Der Boden ist mit dunklen Marken übersät. Wir sind nicht die Ersten, die hier stranden. Kein Handynetz. Wer kann uns jetzt helfen?
Mein Freund hält den Daumen in den heißen Wind, um zu einer Ranger Station zu trampen. Tatsächlich stoppt ein Wagen, ich bleibe mit mulmigem Gefühl zurück. Nach einer gefühlten Ewigkeit kehrt mein Freund mit guten Nachrichten zurück. Ein Abschleppdienst aus Lone Pine, eine Kleinstadt am Rande des Nationalparks, wird uns bergen. Wir werden überleben, doch unsere Rettung wird dauern. Es sind gute 75 Meilen, etwa 120 Kilometer.
Als der Abschlepper kommt, klärt er uns auf: Statt die Klimaanlage abzudrehen, hätten wir die Heizung einschalten müssen, um die Motorwärme abzuführen. Er bockt uns auf und schleppt uns rückwärts aus dem Tal des Todes. Glücklicherweise kann die Werkstatt den Wagen am nächsten Tag reparieren. In Lone Pine sind sie bestens auf Menschen wie uns vorbereitet.«
Jule Lutteroth, Autorin im Leben-Ressort
Nach diesem Erlebnis möchte ich Ihnen wünschen: Kommen Sie bitte ohne Pannen durch die Vorweihnachtszeit. Ich wünsche Ihnen einen schönen Jahresausklang. Bis zum nächsten Reisenewsletter im Januar!
Ihre Eva Lehnen
*Auflösung des Bilderrätsels: Mit diesem Blick durch Bullauge auf den Weihnachtsmarkt vor dem Hamburger Rathaus wird belohnt, wer den Turm der Hauptkirche St. Petri auf der Mönckebergstraße erklimmt. Auch dann noch ein echter Tipp, wenn die Buden wieder abgebaut sind.
2024-12-06T10:34:24Z